Podiumsdiskussion „Fußball, Vielfalt und Antidiskriminierung“
Im Rahmen der Fußball-Kulturtage NRW und der #footballpeople weeks von FARE (football against racism europe), fand am 15.10.2019 fand um 19.02 Uhr eine Podiumsdiskussion zum Thema „Fußball, Vielfalt und Antidiskriminierung- Welche gesellschaftliche Verantwortung tragen Fußballvereine?“ in der Liebfrauenkirche Duisburg statt. In Kooperation mit der Faninitiative Zebras stehen auf e.V. gelang es uns, ein interessantes und vielfältiges Podium einzuladen. Teilnehmer*innen der Podiumsdiskussion waren Anna Horstmann (Ruhr-Universität Bochum), Patrick Arnold (Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte NRW), Rainer Bischoff (Vorsitzender Stadtsportbund Duisburg), Daniel Lörcher (Borussia Dortmund), sowie Ingo Wald (Präsident, MSV Duisburg). Moderiert wurde die Runde von dem Journalisten Ronny Blaschke. Rund 45 Besucher lauschten gespannt einer munteren Diskussion über die Rolle der Vereine in der Antidiskriminierungsarbeit, positive Beispiele und auch deren Grenzen. Dabei ging es um Themen vom Amateurbereich bis zum Profifußball.
Ingo Wald beschrieb seinen Eindruck aus der Sicht des MSV Duisburg, dass im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit noch eine Menge Arbeit zu leisten sei, da die Zuschauer*innen im Stadion schließlich ein Spiegelbild der Gesellschaft sind. Bezogen auf rechtsextreme Symboliken sei es schwer, alle Codes und Symbole der Szene zu (er)kennen. Daniel Lörcher brachte hierzu ein positives Beispiel von Borussia Dortmund, hier wurden mehrere hundert Ordner*innen gezielt sensibilisiert und geschult, einschlägige Symboliken zu erkennen. Ingo Wald stimmte dem zu, führte aber an, dass solche Anstrengungen die Vereine sehr viel Geld kosten. Kleinere Vereine mit geringen finanziellen Möglichkeiten, wie der MSV Duisburg, haben hierfür aber oft nicht die Mittel. Zudem bedarf es aus seiner Sicht die Unterstützung von Sozialarbeiter*innen, um die Fanbeauftragten mit Ihren vielfältigen Anforderungen zu unterstützen. Das Fanprojekt Duisburg e.V. stellt hier gerne den Fanbeauftragten Hilfe zur Verfügung.
Bezogen auf die Akzeptanz von Frauen im Fußball und speziell Frauenfußball, kam es seitens des Zuschauerbereichs zu einem Denkanstoß. Ein im Schiedsrichterwesen tätiger Zuhörer, erzählte von seinen Erlebnissen. Bereits bei der Spielvergabe kommt es seitens einiger männlicher Schiedsrichter zu einer Abwertung. Hier würde über Frauenfußball abwertend gesprochen und einige Kollegen würden es als nervig empfinden, Spiele von Frauenmannschaften zu pfeifen. Doch was können Vereine tun, damit es für Frauen im Fußball angenehmer wird?
Anna Horstmann, Geschlechterforscherin der Ruhr-Universität Bochum sprach sogenannte Awareness-Konzepte an. Es ist wichtig, dass Vereine sich bestimmter Probleme, wie z.B. Sexismus oder Rassismus bewusst werden und auf Grund der Sensibilität dieser Thematiken Mechanismen zu konzipieren, um Opfern zu helfen. Als Beispiel nannte sie hier Fortuna Düsseldorf, welche ein Awareness-Konzept zur Bekämpfung von Sexismus und sexualisierter Gewalt entwickelt haben. Frauen können sich hier während der Spieltage im Stadion an ein Hilfetelefon, oder an die Fanshops im Stadion wenden, in welchen speziell geschulte Mitarbeiter*innen arbeiten. Zudem beteiligt die Fortuna sich an der Kampagne „Luisa ist hier!“ von der Frauenberatungsstelle Düsseldorf. Auch Arminia Bielefeld arbeitet zurzeit an einem solchen Konzept. Wäre etwas ähnliches, trotz der geringen finanziellen Mittel, auch beim MSV Duisburg denkbar?
Sehr aktuelle Themen der vorherigen Woche lieferten weiteren Stoff, für eine intensive Diskussion. Sowohl die rassistischen Ausfälle bulgarischer Fußballfans, als auch das Salutieren von Spielern der türkischen Nationalmannschaft, zur Unterstützung des militärischen Einmarsches der Türkei in Nordsyrien während der EM-Qualifikationsspiele, wurden diskutiert. Insbesondere das „liken“ deutsch-türkischer Fußballspieler dieser Bilder wurde thematisiert. Auch beim MSV Duisburg war es durch das liken eines Bildes seitens des Spielers Ahmet Engin ein Thema. Ingo Wald nahm den Spieler hier in Schutz und betonte, dass es seitens Engin keine politische Meinungsäußerung war, er lediglich einen Freund durch das like unterstützen wollte und viele Spieler in dem Alter noch nicht genug politisch gebildet sind. Hier kam es zu einigen Einwürfen seitens des Publikums, welches sich teilweise eine Reaktion wie vom FC St. Pauli (hier wurde der Spieler Cenk Sahin nach einem solchen like freigestellt) erhoffte. Auch wurde seitens des Podiums angemerkt, dass dieses ein Zeichen sein kann, dass vielen Vereine die eigene Außendarstellung wichtiger ist, als solche Probleme anzugehen. Erst wenn sehr akut ist und nach außen in die Medien kommt, würden Vereine symbolisch handeln, aber oft nicht nachhaltig. Bezogen auf Nationalismus und Rassismus stütze Daniel Lörcher diese These, Borussia Dortmund wurde auch erst aktiv, als diese Probleme sehr akut wurden, im Gegensatz zu anderen Vereinen aber nachhaltig und langfristig.
Insgesamt war es eine sehr spannende und interessante Diskussion, die Teilnehmer*innen und Zuschauer*innen gingen stets respektvoll in der Diskussion miteinander um und es herrschte ein gutes Klima. Für mediale Aufmerksamkeit sorgte neben einigen Zeitungsreportern auch die WDR Lokalzeit, welche live von der Podiumsdiskussion berichtete. Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmer*innen, Zuschauer*innen und Interessierten, welche es zu einem spannenden und interessanten Abend gemacht haben. Zudem möchten wir uns bei dem Kölner Fanprojekt bedanken, welche die Ausstellung „Flucht, Migration und Fußball“ zur Verfügung gestellt haben, welche abseits der Podiumsdiskussion das Programm abrundete.