Stellungnahme zu den Spieltagsereignissen rund um das Auswärtsspiel in Meppen
Nachdem wir Anfang letzter Woche bereits die Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte e.V. veröffentlicht haben, möchten wir hier nun noch einmal eine eigene Stellungnahme zu dem Thema Spruchbänder/Hopp in Duisburg abgeben.
Am vergangenen 26. Spieltag beim Auswärtsspiel in Meppen kam es zu einer Spielunterbrechung sowie Unmutsbekundungen von Duisburger Fans untereinander auf Grund von Spruchbändern. Nun möchten wir hier die Möglichkeit nutzen um nochmal auf die Hintergründe einzugehen.
Im Jahre 2017 wurden nach diversen Dialogen zwischen Fans und Verbänden, die Kollektivstrafen ausgesetzt und es sollte darauf verzichtet werden, Zuschauer deren Beteiligung an Verstößen nicht nachgewiesen ist, abzustrafen. Konkret sollte dies bedeuten: Keine Blocksperren, Teilausschlüsse oder Geisterspiele. Auf Grund der nun wieder ausgesprochenen Kollektivstrafe gegen Fans von Borussia Dortmund, die für die kommenden zwei Jahre bei Spielen in Hoffenheim ausgeschlossen werden, kam es bereits in der ersten Bundesliga, am Tag vor unserem Spiel in Meppen zu einer Zuspitzung des Konfliktes.
Nachdem es beim Spiel in Hoffenheim gegen Bayern zu Spruchbändern mit beleidigenden Inhalten gegen Dietmar Hopp kam, um gegen die Kollektivstrafe für die Fans von Borussia Dortmund zu protestieren, wurde das Spiel vom Schiedsrichter unterbrochen und erst nach mehrminütiger Pause „fortgesetzt“ . Diese Unterbrechung löste ein großes mediales Echo aus, bei welchem sich Vereinsvertreter und Medien in Superlativen gegenseitig übertrafen. Ein Großteil der Fanszenen nutzte ebenfalls den Spieltag, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Sicherlich lässt sich über verschiedene Proteste und Protestformen diskutieren, doch es ist sicherlich auch jedem klar, dass Beleidigungen gegen einzelne Personen ein strafwürdiges Verhalten sind, welche nicht zu tolerieren sind und wir als Fanprojekt Duisburg nicht gut heißen.
Dass es auch anders geht zeigte unter anderem die Duisburger Fanszene in Form von der Ultragruppe Kohorte beim Gastspiel des MSV Duisburg in Meppen. Hierbei muss man differenzieren, zwischen Spruchbändern mit beleidigendem Inhalt und einem kreativen beleidigungsfreien Protest in Form von freier Meinungsäußerung.
Die Gruppe zeigte ein Spruchband, welches durch die freie Meinungsäußerung gedeckt und zudem im Vorfeld ordnungsgemäß angemeldet und durch den Heimverein genehmigt worden war. Dies wurde bereits in der vorherigen Sicherheitsbesprechung und dem Kurvengespräch, an welchen auch wir, das Fanprojekt Duisburg, teilnahmen mit allen (sicherheits-)relevanten Akteuren kommuniziert. Spruchbanderklärung Kohorte
Durch mangelnde Vorbereitung und Handlungsempfehlungen der Schiedsrichter seitens der Verbände, ob des massiv auftretenden Protestes an diesem Spieltag, kam es zu einer Fehleinschätzung des Schiedsrichters. Daraufhin kam es zunächst zu einer Durchsage des Stadionsprechers in Richtung der Duisburger Gästefans und einer folgenden Spielunterbrechung. Erst darauf wurde auf der Seite der Heimfans ein Spruchband mit beleidigendem Inhalt entrollt.
In der Aufarbeitung der Ereignisse räumte Kohorte unter anderem ein, dass in Zuge der großen medialen Berichterstattung und der entstandenen Sorge vor Spielabbrüchen nicht transparent genug an die eigenen Fans kommuniziert wurde, was die eigenen Spruchbänder anging. Mit einer derartigen Reaktion wie einer Spielunterbrechung, war nicht zu rechnen, da ausschließlich mit einer kreativen und sachlichen Kritik gearbeitet wurde.
Nicht nur in unserem Fall, sondern auch bei anderen gefällten Entscheidungen durch Schiedsrichter, räumte der DFB (Erläuterungen zum drei Stufen Plan) ein, zu sensibel auf die Thematik reagiert zu haben. Bereits beim darauffolgenden Spieltag gegen Magdeburg wurde ein neuer Informationsaustausch zwischen Schiedsrichtern und Verein installiert, um einen verhältnismäßigen und differenzierten Umgang mit Spruchbändern leisten zu können.
Spruchbänder gehören genauso zum Fußball wie Gesänge und sind ein Kulturgut der Kurve. Spruchbänder sind schon seit Jahren eine Ausdrucksform und fester Bestandteil der Ultras, welche auch gern als Form des Protests genutzt werden. Unserer Ansicht nach, als sozialpädagogische Einrichtung der Jugendhilfe welche den Auftrag hat Jugendliche und junge Erwachsene zu Partizipation in einer demokratischen Gesellschaft zu ermutigen/ zu helfen, sehen kritische Äußerungen, als legitime Protestform an, solange diese auf demokratische Weise geäußert werden.
Wir können uns nur den Worten der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte e.V. anschließen und halten eine Vermischung von verschiedenen Themen wie die rassistisch motivierten Anschläge in Hanau (Diskriminierung von Menschengruppen), mit Beleidigungen einer einzelnen Person gleichzusetzen für fatal. Dies wird dazu führen, „dass alle Protagonisten wieder nur übereinander reden, herziehen, hetzen und sich gegenseitig verurteilen und beschuldigen. Das Ergebnis: Es geht von einer Beleidigung in die nächste.“ Auch hier können wir nur an alle Duisburg Fans appellieren: Sprecht miteinander, statt übereinander-sachliche differenzierte Diskussion, statt Auseinandersetzung! Dies gilt nicht nur für den Dialog zwischen Fans und Verbände, sondern auch für Fans untereinander.
Wir empfinden die Kritik unserer Duisburger Ultragruppen, dass der DFB, in Bezug auf die Kollektivstrafen wortbrüchig geworden ist und in der Vergangenheit bei Vorfällen mit rassistischen Hintergründen, für die der Drei-Stufen-Plan konzipiert wurde, nicht in der Deutlichkeit reagiert hat, wie zuletzt im Falle von Dietmar Hopp, als legitim.
Auch wenn die Art und Weise von einigen Fanszenen sich Gehör zu verschaffen teilweise nicht akzeptabel ist, wurden Fans und ihre Anliegen nach jahrelangem vergeblichem Dialog mit den Verbänden endlich erhört. Dass es mal wieder (siehe Krieg dem DFB) so eine Eskalation bedurfte, um sich seitens der Fans Gehör zu verschaffen, kann sicherlich nicht Ziel beider Seiten sein und stellt nicht die Partizipation dar die wir uns als sozialpädagogische Einrichtung der Jugendhilfe wünschen. Hier bedarf es auch von Seiten des DFB mehr ernstgemeinte Dialogangebote an die Fans, sowie eine höhere Wertschätzung ihnen gegenüber durch eine Ansiedlung der Fanbelange beim DFB auf höherer Ebene. Diese Angebote sollten von den Fans auch angenommen werden, denn nur der aufrichtige und ernstgemeinte Dialog kann gegenseitiges Verständnis schaffen. Dabei ist es wichtig die verschiedenen Thematiken die miteinander vermischt wurden noch einmal einzeln zu betrachten und dies auch aus verschiedenen Perspektiven.
Dafür haben wir hier noch eine Auswahl an verschiedenen lesens-, hörens-und anschauenswerten Beiträgen:
https://www.mdr.de/nachrichten/audio/audio-1328596.html
https://www.unserekurve.de/blog/rueckblick-auf-die-sondersitzung-der-ag-fankulturen/
https://www.sportschau.de/fussball/allgemein/fussball-fans-hopp-greuther-fuerth-fragen-100.html
Fanprojekt Duisburg e.V., März 2020
